Vögel beobachten

Das Val Piora bietet ein fantastische Naturerlebnis mit Beobachtungsmöglichkeiten für eine ganze Woche, wenigstens jedoch für zwei Tage. Neben den artenreicher Vogelwelt lassen sich vielfältige Libellen-, Schmetterlings-, Heuschrecken-, und Pflanzenarten bewundern.

Die Hauptattraktion des Val Piora sind zweifelsohne die alpinen Vogelarten, sodass die Brutzeit die grösste Auswahl interessanter Arten bietet.

Die Hühner lassen sich am leichtesten durch die Gesänge während der Herbstbalz auffinden. Dabei sind Birk- und Alpenschneehühner an und oberhalb der Baumgrenze leichter zu lokalisieren, als die scheuen Haselhühner, welche die strukturreichen Bergmischwaldbereiche bevorzugen. Steinhühner besiedeln die steinigen, steilen und oft südexponierten Hänge oberhalb der Baumgrenze. Nur im Winter steigen die Vögel tiefer bis an den schütteren Waldrand herab. Die krächzenden Rufreihen der Steinhühner setzen im Mai/Juni noch bei Dunkelheit ein, sind am Vormittag noch regelmässig zu hören und können nach einer Pause erst wieder am Nachmittag vernommen werden. Der Hahn stellt sich zum Gesang, den man auch zur Herbstbalz im September/Oktober hören kann, etwas erhöht auf. Die Lautäusserungen erleichtern das Auffinden der scheuen Hühner in den weiten, steilen, stellenweise unzugänglichen Hängen ungemein. Die beste Strategie ist es, sich am frühen Morgen am Handfuss zu positionieren und mit dem Spektiv die Stelle, von der die Hühner singen, systematisch abzusuchen. Zur Brutzeit leben Steinhühner paarweise, ausserhalb der Brutzeit in kleinen Gruppen. Sie können mit dem Spektiv aus der Distanz gut dabei beobachtet werden, wie sie Kräuter und Samen pickend hangaufwärts laufen. Bergab bewegen sie sich vor allem fliegend.

Im Herbst bilden Kräuter den Hauptteil der Nahrung, je nach Angebot ergänzt durch Beeren und Samen. Im Winter dagegen überwiegen grüne Blätter von Gräsern bei der Nahrungszusammensetzung. Insekten spielen nur bei juvenilen Tieren eine Rolle. Steinhühner profitieren von der Berglandschaft und verlieren durch die zunehmende Wiederbewaldung infolge der Weidennutzungsaufgabe Lebensraum. Steinrötel findet man in ganz ähnlichen Lebensräumen wie das Steinhuhn. Für viele Beobachter ebenfalls attraktiv ist das isolierte Vorkommen des Rotsternigen Blaukelchens im Val Piora. Es besiedelt die feuchten Weidengebüsche und Randlagen der Moore. Unter den alpinen Vogelarten lassen sich Steinadler, Alpenbraunelle und Mauerläufer in entsprechendenm Lebensraum recht zuverlässig finden. Schneesperlinge kommen nun in den hohen Lagen hinzu. Alpendohlen scheinen entlang der Hänge und Kämme im Wind zu spielen und kommen regelmässig an die bewirtschafteten Hütten.

Zwar ist es anstrengend ein Spektiv auf einer Bergwanderung zu tragen, doch hat man bessere Chancen, scheue Arten wie Hühner oder Arten in schwer zugänglichem Gelände wie den Mauerläufer zu beobachten.

Neben den zahlreichen Vogelarten laden auch hier häufigen Murmeltiere zum Verweilen ein. Die beste Zeit ist Ende Mai bis Anfang Juli. Dann sind die alpinen Vogelarten in voller Balz und am eindrucksvollsten zu beobachten. Der Schnee hält sich in kühlen Lagen bis in den Mai. Auch sonnige Herbsttage im September und Oktober bieten gute Beobachtungsmöglichkeiten. Dann lassen sich die Steinhühner durch die Herbstbalz nach der Sommerpause leichter auffinden.

Beobachtungsmöglichkeiten

Von der Bergstation der Standseilbahn (1) folgt man der schmalen Bergstrasse rund ein Kilometer bis zum Ritomsee. Unterhalb der Strasse brütet ein Uhupaar, das man nachts gelegentlich hört. Bis hier lassen sich lassen sich bereits schöne Beobachtungen machen. Zu den typischen Arten zählen Turmfalke, Kuckuck, Felsenschwalbe, Gebirgsstelze, Kkappergrasmücke, Berglaubsänger, mehrere Meisenarten, Waldlaubsänger, Birkenzeisig, Fichtenkreuzschnabel und Zippammer

Von Piora aus hat man verschiedene Routenmöglichkeiten, die jeweils leicht einen ganzen Beobachtungstag füllen können. Vom Berggasthaus Lago Ritom auf die Südseite des Ritomsees gehend durchstreift man eine lockeren Nadelwald mit vielen Lärchen. Zudem sind Misteldrossel und Tannenhäher relativ häufig. An den Übergängen zu den Zwergstrauchheiden und Weiden kommen Baumpieper und Ringdrossel hinzu (2). Gartengrasmücken bevorzugen die in den kühlen Senken gelegenen Grauerlengebüschen . In den frühen Morgenstunden hat man auf dem Weg nach Mottone gute Chancen Birkhühner anzutreffen. Wer Schneehühner beobachten will, verlässt vor dem Laghetto di Giübin den Wanderweg in südlicher Richtung und steuert auf den Hang zu. Entlang der Costa di Giübin (3-4), einem felsschuttbeladenen Abhang, hat man die besten Möglichkeiten. Anschliessend durchquert man die Pian Giübin und trifft bei Sotto l’Uomo wieder auf den Wanderweg. Auch Bergpieper , Hausrotschwanz und Steinschmätzer brüten entlang des Weges. Die Wanderung führt weiter über die Alpe Caroresci. Danach trifft man auf einen Fahrweg, der weiter zum Lago Ritom führt. Alternativ kann man von der Alpe Caroresci auf dem Fahrweg der Ausschilderung folgend in rund zwei Kilometer bis zum Passo delle Colombe gehen. Dort leben die auch sonst im Tal allgemein häufigen Alpenbraunellen und Schneesperlinge. Nicht zuletzt lohnt der Abstecher auch aufgrund der wunderbaren Aussicht ins dahinterliegende Tal. Wer einen weniger anstrengenden Zugang zu alpinen Arten sucht, wird rund um den Lago Cadagno und die Alpe di Piora fündig. In diesem Bereich werden regelmässig Rotsternige Blaukelchen beobachtet. Bei Scopello (6) lassen sich oft Braunkelchen finden. Die steilen Hänge oberhalb des Lago Cadagno beherbergen ebenfalls Steinhühner (7). Wer Zeit hat kann vom Lago Cadagno einen grösseren Abstecher zum Lago di Dentro bis nach Miniera (5) machen. And den Felswänden entlang des Weges lassen sich wie überall an den Felswänden im Val Piora Mauerläufer beobachten, mit etwas Glück auch Steinhühner.

Auch auf der Wanderung vom Lago Cadagno zum höheren gelegenen Lago Tom bieten die Abhänge des Poncione Cariori Chancen auf Steinhüner. Unterhalb der Alpe di Tom zwischen Motta und der Pian di Lenc besiedeln Steinrötel den Hang, den man auf der Strecke zum Uferweg um den Lago Ritom durchquert (7). Wer sich den Aufstieg zum Lago di Tom ersparen möchte, kann sein Glück auch vom Uferweg um den Lago Ritom aus versuchen und von dort die Hänge oberhalb nach den Vögeln absuchen (8).

Bei gutem Wetter wird man überall im Val Piora sehr regelmässig Steinadler und im Sommer gelegentlich auch Wespenbussarde beobachten können. Mit etwas Glück lassen sich an den Steilhängen Steinböcke ausmachen.

Weitere Informationen: www.birdlife.org/datazone/sites/index.htlm (International name: Piora – Dötra eingeben).

Quelle: Der Falke, Journal für Vogelbeobachter, 3/2009)

Litteratur: Vögel beobachten in der Schweiz – Otto Verlag – Bern

Typischen Vogelarten im Val Piora, deren Status und günstigste Beobachgungszeit

Art häufiger regelmässiger seltener Jahresvogel Brutvogel Beste
(kein Brutvogel) Beobachtungszeit
Alpenbraunelle x x April-Oktober
Alpendohle x x ganzjährig
Alpenschneehuhn x x Mai/Juni
Baumpieper x x April-August
Berglaubsänger x x April-August
Bergpieper x x April-Oktober
Birkhuhn x x Mai/Juni – Sept./Okt.
Bluthänfling x x April-November
Braunkälchen x x April-September
Fichtenkreuzschnabel x x ganzjährig
Gartengrasmücke x x April-August
Gebirgsstelze x x ganzjährig
Habicht x x ganzjährig
Haselhuhn x x April/Mai – Sept./Okt.
Klappergrasmücke x x April-August
Kolkrabe x x ganzjährig
Kuckuck x x Mai-Juni
Mauerläufer x x ganzjährig
Misteldrossel x x März-November
Raufusskauz x x Feb.-Juni, Okt./Nov.
Ringdrossel x x April-September
Rotsterniges Blaukehlchen x x April-Juni
Schneesperling x x ganzjährig
Steinadler x x ganzjährig
Steinhuhn x x Mai/Juni, Sept./Okt.
Steinrötel x x Mai-August
Steinschmätzer x x April-Oktober
Tannenhähler x x ganzjährig
Turmfalke x x ganzjährig
Waldbaumläufer x x ganzjährig
Wanderfalke x x ganzjährig
Weidenmeise x x ganzjährig
Wespenbussard x x April-Juli
Zippammer x x März-Oktober
Zitronenzeisig x x März-September